Leitbild der Gesellschaft für Anthroposophische Pharmazie in Deutschland e. V. (GAPiD)
(Fassung Nr. 2, verabschiedet auf der Mitgliederversammlung der GAPiD am 04.05.2019)
Mensch und Natur sind durch ihre gemeinsame Evolution miteinander verwandt und haben ihren Ursprung in der göttlich-geistigen Welt.1, 2 Jeder Mensch ist ein vielschichtiges, auf der leiblichen, seelischen und geistigen Ebene präsentes, selbstbewusstes und freies Wesen, das sich auf einem individuellen Entwicklungs- und Erkenntnisweg befindet.3, 4, 5 Krankheiten können Hilfe auf diesem Weg sein. Bei deren Behandlung spielen Arzneimittel eine zentrale Rolle. Aufgrund der Verwandtschaft von Mensch und Natur stellen Substanzen und Kräfte der Naturreiche eine wichtige Grundlage zur Gewinnung von Arzneimitteln dar.6
Grundlage der Anthroposophischen Pharmazie ist das Verständnis dieser Natursubstanzen und -kräfte sowie deren wesensgemäße Verarbeitung durch pharmazeutische Prozesse zu wirksamen Arzneimitteln. Neben der universitären Ausbildung mit ihren naturwissenschaftlich etablierten Methoden basiert die Anthroposophische Pharmazie im Wesentlichen auf der von Rudolf Steiner vor über 100 Jahren initiierten geisteswissenschaftlichen Forschung und den daraus entwickelten Gedanken und Verfahren.6 Der Pharmazeut* bildet eine wichtige Brücke einerseits zwischen der Natur und dem Patienten, indem er die Natursubstanzen so weiterverarbeitet, dass sie zu Arzneimitteln für den kranken Menschen werden, andererseits vom Patienten zu den anderen Heilberufen. Durch spezifische pharmazeutische Prozesse, welche die geistige Dimension der Substanzen einbeziehen, entstehen Arzneimittel, die dem erkrankten Menschen dienen, seine Gesundheit7 auf allen seinen Daseinsebenen wieder zu erlangen bzw. aufrecht zu erhalten.8 Hierbei spielt die Unterstützung der Eigengenesungskräfte des Organismus eine wichtige Rolle. Auch Arzneimittel für Tiere sind Gegenstand der Anthroposophischen Pharmazie.
Aufgabe der Anthroposophischen Pharmazie ist es, neben oben beschriebener Herstellung, dafür zu sorgen, dass den Patienten über öffentliche und Krankenhaus-Apotheken insbesondere auch anthroposophische Arzneimittel zur Verfügung stehen.
Dazu tragen die Berufe in allen pharmazeutischen Tätigkeitsfeldern bei. In der öffentlichen Apotheke wenden die Mitglieder der Gesellschaft für Anthroposophische Pharmazie in Deutschland e.V. die oben beschriebenen Grundsätze bei ihrer Arbeit an. Sie orientieren sich an den individuellen Bedürfnissen der Kunden. Die Beratung richtet sich nach dem im Kundengespräch erkennbaren Heilbedarf. Die Förderung der Forschung sowie Angebote zur Aus-, Fort- und Weiterbildung dienen dem Erhalt und der Weiterentwicklung, der Stärkung und der Verbreitung anthroposophischer Arzneimittel. Dies erfolgt unter Einbeziehung aktueller Entwicklungen und Herausforderungen, insbesondere durch neue pharmazeutische und medizinische Erkenntnisse.9 Wo nötig, sollen eigene Qualitätsstandards gesetzt werden.8 Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Ärzteschaft und anderen Heilberufen wird gepflegt.
Der Umgang mit Mensch und Natur geschieht in respektvoller und ihnen gemäßer Weise. Die Einwirkung auf den lebendigen Organismus Erde erfolgt verantwortungsvoll unter dem Aspekt der Pflege und Nachhaltigkeit.10
Die Gesellschaft für Anthroposophische Pharmazie in Deutschland e.V. ist eine unabhängige Gemeinschaft von Menschen, die in Freiheit nach geistigen Erkenntnissen strebt, um an einem zukünftigen, vor allem salutogenetisch ausgerichteten Gesundheitssystem11 mitzugestalten. Sie arbeitet eng mit allen in- und ausländischen Organisationen der anthroposophischen Pharmazie und Medizin** zusammen, um so ein Netzwerk zur Stärkung, Weiterentwicklung und weltweiten Verbreitung der Anthroposophischen Pharmazie zu bilden.
Die Inhalte und Formulierungen sind offen für eine fortdauernde Weiterentwicklung.
* Aus Vereinfachungsgründen wird im gesamten Leitbild auch bei weiblichen Personen die männliche Form verwendet.
**Bespielhaft zu nennen sind hier die Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD; www.gaed.de), die Internationale Vereinigung Anthroposophischer Ärztegesellschaften, International Federation of Anthroposophic Medical Associations (IVAA; www.ivaa.info) und die IAAP (International Association of Anthroposophic Pharmacists; www.iaap.org.uk)
Literaturliste
- Bosse D.: Die Gemeinsame Evolution von Erde und Mensch, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart, 2002
- Verhulst J.: Der Erstgeborene. Mensch und höhere Tiere in der Evolution. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart, 1999
- Steiner R.: Anthroposophische Leitsätze (GA 26), Rudolf Steiner Verlag, Dornach (CH)
- Steiner R.: Die Philosophie der Freiheit (GA 4), Rudolf Steiner Verlag, Dornach (CH)
- Steiner R.: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten (GA 10), Rudolf Steiner Verlag, Dornach (CH)
- Steiner R., Wegman I.: Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst (GA 27), Kapitel I, Rudolf Steiner Verlag, Dornach (CH)
- Antonovsky A.: The Sense of Coherence as a Determinant of Health, in Matarazzo J.D. (Ed): Behavioral Health: A Handbook of Health Enhancement and Disease Prevention, John Wiley & Sons, New York, 1984
- International Association of Anthroposophic Pharmacists (IAAP): Anthroposophic Pharmaceutical Codex APC, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, 2018
- Meyer U., Pedersen P.A. (Hrsg.): Anthroposophische Pharmazie, Salumed Verlag, Berlin, 2017
- Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen, verabschiedet am 25. September 2015: 70/1. Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
- Steiner R.: Karma des Berufes (GA 172), 4. Vortrag, Rudolf Steiner Verlag, Dornach (CH)